An der Grenze der Hauptstadt
an der Grenze der Hauptstadt
Die berliner Akzisemauer
Anderthalb Jahre lang hat Philip Gunkel die Orte dokumentiert, an denen die Tore der Akzisemauer, der alten Stadtmauer Berlins, standen. Früher wurde hier der Handel kontrolliert und Zölle erhoben. Obwohl die Akzisemauer im früheren 18. Jahrhundert erbaut und keine 150 Jahre danach abgerissen wurde, ist sie in der städtebaulichen Gliederung Berlins bis heute präsent. Philip Gunkel, selbst nahe der hier dargestellten Akzisemauer aufgewachsen und bis hier heute lebend, zeigt mit seinen Bildern die historischen Grenzen des heute so modernen Berlins. In den Aufnahmen treffen Dokumentarfotografie und hoher künstlerischer Anspruch aufeinander. Von ca. 1730 bis 1860 war die Akzisemauer die Stadtmauer Berlins; diente insbesondere der Überwachung des Handels und dem Einzug der Steuern. Des Nachts wurden die 18 Tore der Mauer sowie die Ober- und die Unterbaumbrücke geschlossen. So sollte der Handel effizient kontrollieren werden. Neben dieser wirtschaftlichen Funktion gab es auch eine militärische: Durch das Schließen der Stadttore wurden die Soldaten von der Desertation abgehalten. Die ehemalige Stadtmauer beeinflusste die städtebauliche Entwicklung Berlins in mehrfacher Hinsicht. Im historischen Berlin war die Infrakstruktur stark an der Zollmauer orientiert. So entstanden an ihren Toren die ersten Kopfbahnhöfe, darunter der Anhalter und der Hamburger Bahnhof. Zudem ist die U-Bahnlinie 1, Berlins erste U-Bahnlinie, und die Ringbahn auf der ehemaligen Mauerstrecke entstanden. Seit dieser Zeitepoche bis heute haben Städteplaner die Akzisemauer in ihre Arbeit eingeschlossen und diesen Ort so weiterentwickelt. Während die Mauer heute in zentraler Lage der Hauptstadt liegt, umfasste sie früher nicht nur die Stadt selbst und ihre Vorstädte, sondern auch landwirtschaftlich genutzte Felder. Diesen vielschichtigen und universellen Wandel der Zeit unter Beibehaltung der Bauwerke der historischen Stadtgrenze stellt Philip Gunkel dar. Philip Gunkel dokumentiert die damals so bedeutungsvolle Stadtmauer im heutigen Berlin mit insgesamt 21 Aufnahmen. Er zeigt, wie sich die historische Baukonstruktion in das moderne Stadtbild einfügt, wie es inzwischen im neuzeitlichen Berlin an die Vergangenheit erinnert. Muster auf dem üblichen Steinboden, die Bauweisen der einfachen Straßenlaternen, die Strukturen der unbeliebten Plattenbauten: Er schafft dabei einen Blick auf jenes, was sonst unter geht, auf jenes, was im Alltag unbeachtet bleibt. Er findet Faszination im sonst scheinbar Unbesonderem. Durch eine lange Belichtungszeit und der monochromen Aufnahmetechnik schafft der Künstler dabei eine Vergleichbarkeit zu früheren Fotografien des 19. Jhds. . Die Betrachter der Aufnahmen erhalten so einen historischen Blick auf das jetzige Stadtbild. In den starken Schwarz-Weiß Kontrasten der Aufnahmen spielt der Künstler mit Strukturen, Formen, Konturen und baulichen Konstruktionen.
Vorwort: Shirine Issa